Johnny

Schulbegleithund in Waiblingen

Schulhund Johnny sorgt für Ruhe
600 Zweibeiner besuchen die Friedensschule in Neustadt, aber einen kennen trotzdem alle: den Schulhund Johnny. Nach fünf Jahren im Schulbetrieb gehört der Jack Russell zum „lebenden Inventar“, wie Rektorin Gabriele Gollnick sagt. Dabei ist er nicht nur Maskottchen, sondern hat wichtige pädagogische Aufgaben.

Wie der Blitz saust Johnny durch den Gang, wenn Amelie, Nico und Nick den flauschigen Spielknochen werfen. Ganz schön flott für einen Erlebnispädagogen in Altersteilzeit. Mit seinen zehn Jahren ist der Vierbeiner nicht mehr der Jüngste und bleibt öfter zu Hause. Zum Bedauern vieler Schüler, die ihn innig lieben. „Ist er mal ein paar Tage nicht da, wird er gleich vermisst“, sagt Besitzerin Gabriele Gollnick. Das Rentenalter hat er also erreicht, aber in Zeiten des Lehrermangels kommen ja sogar zweibeinige Pädagogen aus dem Ruhestand zurück an die Schule. Johnny ist die Begeisterung anzumerken, allerdings braucht er seine Verschnaufpausen – er zieht sich dann einfach in ein ruhiges Eck zurück.

An Johnnys Regeln müssen sich alle halten
Genau gesagt ist Johnny ein „Schulbegleithund“. Diese Laufbahn war mitnichten vorgezeichnet, als ihn sein neues Frauchen im Alter von fünf Jahren aus unguten Verhältnissen holte und bei sich aufnahm. Schlecht ernährt war er, krank – und zudem gab’s den Hinweis: „Er mag keine Kinder.“ Unter verantwortungsbewusster und liebevoller Führung jedoch änderte sich sein Wesen. Ihn einfach so mit zur Arbeit nehmen, ist an Schulen dennoch nicht erlaubt. Bevor er seinen Job als Schulbegleithund antreten konnte, musste er alle Gremien vom Elternbeirat über die Gesamtlehrerkonferenz bis zum Schulamt durchlaufen und eine mehrere Monate umfassende Ausbildung absolvieren. Damit er Schulbegleithund bleiben darf, muss er regelmäßig entwurmt werden.

Jeder Schüler, der möchte, kann Johnny mit der Schulleiterin beim mittäglichen Gassigang begleiten. Im Umgang mit ihm lernen sie, das Tier mit Respekt und Rücksicht zu behandeln. Es gibt klare Regeln für den Umgang mit ihm, und jeder, der sie vergessen hat, kann sie am Eingang zum Rektorat nachlesen. Zum Beispiel „Wenn Johnny in der Nähe ist, verhalten wir uns leise“ oder „Höchstens drei Schüler gleichzeitig streicheln Johnny“. Nur nach Rücksprache mit der Besitzerin darf er gefüttert werden – und wenn er im Körbchen liegt, will er seine Ruhe haben.

„Der Unterricht läuft mit Hund ruhiger als ohne“
„Früher hatte ich eher Angst vor Hunden“, erzählt die zwölfjährige Amelie. Nach den Spaziergängen mit Johnny ist die Furcht verflogen. Der 13-jährige Nick hat beobachtet, dass Johnny sich nicht zum Spielen zwingen lässt. „Wenn er selbst den Ball bringt, dann kann man mit ihm spielen.“ Nico, zwölf Jahre, ist Autist und schätzt die Anwesenheit des Hundes besonders, wenn es ihm gerade nicht so gut geht. „Wenn ich Johnny streichle, kann ich mich gut beruhigen.“ Der Hund hat offenbar ein feines Gespür für Stimmungen. Zu Hause hat Nico ebenfalls einen Vierbeiner, Nox, der zurzeit zum Assistenzhund ausgebildet wird.

Auch in Gesprächen der Rektorin mit Lehrerkollegen oder Eltern erfüllt Johnny seine Funktion, er entkrampft durch seine Anwesenheit schwierige Situationen und sorgt für einen konstruktiveren Verlauf: „Er ist der Opener.“ Wenn Gabriele Gollnick erkrankte Kollegen im Unterricht vertritt, kommt Johnny sogar mit in die Klasse. Sein Interesse am Stoff ist begrenzt – er liegt lieber auf einer Decke und döst. Oder er streift unter den Tischen umher und holt sich bei den Schülern ein paar Streicheleinheiten ab. Das wirkt Wunder: „Der Unterricht läuft mit Hund ruhiger als ohne.“

„Artikel aus der Waiblinger Zeitung vom 25. Oktober 2019“

 

Ein Traumjob für Johnny:
Die rund 600 Zweibeiner an der Friedensschule in Waiblingen-Neustadt hat Johnny gut erzogen: Der neunjährige Schulbegleithund arbeitet seit vier Jahren an der Gemeinschaftsschule und sorgt für gute Stimmung.
Waiblingen – Wenn in der Friedensschule in Waiblingen-Neustadt der Gong zur Pause ertönt, geht für einen die Arbeit erst so richtig los. Dann schlägt die Stunde von Johnny, dem Schulhund. Einen Ball im Maul flitzt er aus dem Rektorat, wo sein Körbchen steht, hinaus auf den langen Flur der Gemeinschaftsschule. Dass dort in der Pause ein Riesentrubel herrscht, dass er sich zwischen unzähligen Beinen durchschlängeln muss, stört den pfiffigen Terrier kein bisschen. Im Gegenteil, denn so findet sich immer jemand, der sein Lieblingsspielzeug für ihn wirft. Schließlich hat Johnny, der Dreikäsehoch auf vier Beinen, die gut 600 Zweibeiner, die sich Tag für Tag an der Friedensschule tummeln, richtig gut erzogen – Mädels und Jungs, Schüler wie Lehrer.

Karriere auf Umwegen:
„Johnny gehört einfach zur Schulgemeinschaft, er wird schwer vermisst, wenn er mal einen Tag nicht dabei ist“, sagt die Schulleiterin Gabriele Gollnick, sein Frauchen. Dabei hat Johnnys Karriere als Schulhund völlig ungeplant und recht spät begonnen. Fünf Jahre war der freundliche Terrier alt, als er bei Gabriele Gollnick und ihrer Familie gelandet ist. „Eigentlich wollte ich ja gar keinen Hund“, sagt Gabriele Gollnick im Rückblick. Aber als sie den kleinen Kerl, der seine ersten Lebensjahre unter schlechten Umständen verbringen musste, gesehen hat, war’s um sie geschehen. „Er hatte einen schlimmen Ausschlag und kaum noch Haare“, erinnert sich Gabriele Gollnick an den Johnny von damals. Also zog Johnny bei Gollnicks ein und begann ein neues Leben.

„Ich habe mich erst informieren müssen, wie man Schulhund wird“, erzählt Gabriele Gollnick. Im Bewerbungsverfahren hatte Johnny einige Hürden zu meistern: ein Hundetrainer testete, wie er bei Stress reagiert und mit Kindern umgeht. Eine spezielle Versicherung musste her, zudem ist Johnny verpflichtet, regelmäßig eine Entwurmungspille zu schlucken. Auch die Schüler müssen wenige Regeln beachten: Sie dürfen Johnny nicht von hinten anfassen und nicht hochheben. „Das mag er nicht“, sagt Gabriele Gollnick.

Lieblingsspeise Hühnerbeine:
Seinen Vorstellungstermin in der Schulkonferenz hat Johnny mit Bravour gemeistert: die Entscheidung für ihn fiel einstimmig. Auch den Elternbeirat hat der Terrier, dessen Lieblingsspeise Hühnerbeine sind, souverän bezirzt. „Es gab schon auch Bedenken, dass er Allergien auslösen oder beißen könnte“, erinnert sich Gabriele Gollnick, „aber das Positive, das er ausstrahlt, hat die Leute erobert.“ Allergien seien bislang nie ein Thema gewesen: „Johnny hat Schweineborsten, mit denen haben Allergiker offenbar kein Problem.“ Und selbst Kinder, die in Bezug auf Hunde ängstlich sind, fassten schnell Vertrauen zu ihm.
Seit vier Jahren sei Johnny ein „Schulbegleithund“, erklärt sein Frauchen: „Er begleitet keine Klasse, seine Station ist das Rektorat. Seitdem er da ist, bekomme ich viel mehr Besuch.“ Wenn Gabriele Gollnick im Büro arbeitet oder Gespräche führt, liegt Johnny in seinem Körbchen. Sobald sie vom Tisch aufsteht, ist er im Dienst. Er begleitet die Lehrerin, die häufig erkrankte Kollegen vertritt, in die Klassen. „Dort ist es automatisch ruhiger, wenn er dabei ist“, erzählt Gollnick, die überzeugt ist von Johnnys positivem Einfluss: „Wir haben an der Schule keine auffällige Klasse. Johnny sorgt für Ruhe und eine gute Atmosphäre und er ist sofort integriert, egal, in welcher Klasse.“ Klar, dass er einen feinen Riecher für andere hat: „Er merkt, wenn es Spannungen gibt oder wenn jemand traurig ist und sucht den Kontakt.“

Spaziergang mit Hund:
Wenn Gabriele Gollnick und Johnny ihre Mittagsrunde drehen, spazieren meist einige Mädchen und Jungs mit. Nebenbei erfährt die Rektorin so manches, was ihr die Schüler sonst eher nicht anvertrauen würden: „Da bin ich nicht Schulleiterin, sondern Johnnys Frauchen.“
Keine Frage – Johnny macht seinen Job richtig gut und mit vollem Einsatz. Manchmal verausgabt er sich beim Ballsport so sehr, dass Frauchen ihn bremsen muss. „Ich sage immer, er hat ADHS“, sagt Gabriele Gollnick, lacht und erzählt von einem Schüler, der über diese Information sehr erfreut war: „Oh, gut, das hab’ ich auch.“

„Artikel aus der Stuttgarter Zeitung vom 17. April 2018“